Sharing-Economy ist disruptiv – sie kann aber auch ein Treiber für nachhaltiges Wirtschaften sein.
Im dritÂten und abschliesÂsenÂden Teil einer ArtiÂkelÂseÂrie beleuchÂtet der Autor DomiÂnik MülÂler die MögÂlichÂkeiÂten der Sharing EcoÂnoÂmy als TreiÂber einer nachÂhalÂtiÂgen WirtÂschaft. Im ersÂten Teil erläuÂterÂte er die AnfänÂge der BeweÂgung und im zweiÂten Teil befassÂte er sich mit den verÂschieÂdeÂnen EntÂwickÂlungsÂforÂmen der Sharing EcoÂnoÂmy.
Mehr Unternehmertum?
KeiÂne FraÂge: Sharing EcoÂnoÂmy ist disÂrupÂtiv. Sie mischt alte StrukÂtuÂren und WertÂschöpÂfungsÂketÂten neu auf. Die GrenÂzen zwiÂschen AngeÂstellÂten und selbstÂstänÂdig ErwerÂbenÂden verÂwischt zunehÂmend. In den USA sind bereits 55 Mio. MenÂschen entÂweÂder ganz oder teilÂweiÂse als FreeÂlanÂcer tätig, was 35 % aller ArbeiÂtenÂden entÂspricht. Das kann man bewunÂdern oder bedauÂern. Doch dass in EuroÂpa geraÂde mal 10 % der arbeiÂtenÂden BevölÂkeÂrung selbstÂstänÂdig erwerÂbend sind, ist weder das Mass aller DinÂge, noch ist es gottÂgeÂgeÂben. Eine ArbeitsÂloÂsigÂkeit von 40 % und mehr in TeiÂlen EuroÂpas — auch unter top ausÂgeÂbilÂdeÂten JugendÂliÂchen — spricht jedenÂfalls eine trauÂriÂge SpraÂche.
Die Schweiz als gutes Beispiel
Die VerÂganÂgenÂheit hat gezeigt, dass sich VolksÂwirtÂschafÂten anpasÂsen und grosÂse VerÂschieÂbunÂgen nicht unbeÂdingt zulasÂten der allÂgeÂmeiÂnen BeschäfÂtiÂgung gehen müsÂsen. In der Schweiz waren 1960 48 % der ArbeitÂnehÂmenÂden in der IndusÂtrie beschäfÂtigt, nur 39 % im DienstÂleisÂtungsÂsekÂtor. 58 JahÂre und vieÂle JobÂverÂlaÂgeÂrunÂgen in BilÂligÂlohnÂlänÂder späÂter macht die IndusÂtrie geraÂde noch 22 % aus, der DienstÂleisÂtungsÂsekÂtor aber 76 %. Die ArbeitsÂloÂsigÂkeit hat sich derÂweil sogar verÂrinÂgert.
Eher Chance denn Gefahr
Der nobelÂpreisÂgeÂkrönÂte GrünÂder des MirÂkoÂfiÂnanzÂgeÂschäfts, MohamÂmad Yunus, pläÂdiert schon lanÂge dafür, dass der Mensch von Grund auf ein UnterÂnehÂmer sei, kein AngeÂstellÂter. Wenn dies auch nicht auf alle LeuÂte gleiÂcherÂmasÂsen zutrifft, so sollÂten wir die ChanÂcen, die uns die Sharing EcoÂnoÂmy bieÂtet, packen. Das IndiÂviÂduÂum erhält grundÂsätzÂlich die ChanÂce, das Heft selbst in die Hand zu nehÂmen. Rund ums TeiÂlen sind so hunÂderÂte neuÂer GeschäftsÂideÂen entÂstanÂden. Durch die Sharing EcoÂnoÂmy werÂden Güter und DienstÂleisÂtunÂgen für breiÂteÂre BevölÂkeÂrungsÂschichÂten erreichÂbar, ob StädÂteÂreiÂsen mit günsÂtiÂger UnterÂkunft oder AutoÂfahÂren dank FahrÂtenÂbuÂchung. Die vorÂhanÂdeÂnen ResÂsourÂcen werÂden zweiÂfelÂlos besÂser genutzt. GleichÂzeiÂtig wird mehr konÂsuÂmiert.
Von der Linear- zur Kreislaufwirtschaft
Unter dem Strich ist somit fragÂlich, ob weniÂger oder sogar mehr Güter und DienstÂleisÂtunÂgen benöÂtigt werÂden. Mit der besÂseÂren AusÂlasÂtung der TransÂportÂinÂfraÂstrukÂtur zum BeiÂspiel wird es viel weniÂger ParkÂplätÂze, dafür mehr HalÂteÂstelÂlen brauÂchen. Sharing EcoÂnoÂmy beinhalÂtet auch das zeitÂliÂche TeiÂlen von Gütern, das UmverÂteiÂlen zu geeigÂneÂten NeuÂbeÂsitÂzern. Hier besteht ein nahtÂloÂser ÜberÂgang zum RecyÂcling: Die UmstelÂlung von der LineÂar- zur KreisÂlaufÂwirtÂschaft, die zwar seit den 1970er JahÂre posÂtuÂliert, aber noch immer nicht ansatzÂweiÂse umgeÂsetzt ist. Noch sind wir weitÂgeÂhend lineÂar: RohÂstofÂfe werÂden unter UmweltÂbeÂlasÂtung proÂduÂziert, endÂliÂche Lager verÂbraucht, Güter tauÂsenÂde KiloÂmeÂter gekarrt. Der KonÂsuÂment verÂsteht die ProÂdukÂte und ihr InnenÂleÂben nicht, er wirft sie am Ende der NutÂzung weg.
Wohin könnte die Reise gehen?
Nur wenn die HerÂstelÂler von KonÂsum- und IndusÂtrieÂgüÂtern als VerÂmieÂter die EigenÂtüÂmer ihrer ProÂdukÂte bleiÂben, haben sie ein ureiÂgeÂnes InterÂesÂse an der BewahÂrung ihres BesitÂzes. Sie plaÂnen ihn moduÂlaÂrer, um ihn späÂter leichÂter zu zerÂleÂgen. Sie pfleÂgen und repaÂrieÂren ihn fachÂmänÂnisch wähÂrend seiÂner NutÂzung. Damit hat die WirtÂschaft auf Abruf das PotenÂziÂal, zum Segen für Mensch, Natur und Umwelt zu werÂden.
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