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Sharing Economy – klein und fein oder Milliarden-Plattformen

Neu ist die Idee des gemein­samen Nutzens beileibe nicht. Schon im 3. Jahrhundert vor Christus teilten die Ägypter geschätzte 500’000 Papyrus­rollen in der damals weltgrössten Bibliothek von Alexandria.

Im zweiten Teil der Artikel­reihe zu Sharing Economy befasst sich Dominik Müller mit den verschie­denen Entwick­lungs­formen, im ersten Teil der Artikel­reihe erläu­terte er die Anfänge der Bewegung.Im dritten und abschlies­senden Teil beleuchtet Dominik Müller die Möglich­keiten der Sharing Economy als Treiber einer nachhal­tigen Wirtschaft.

Die grosse Vernetzung

Mitfahr­ge­le­gen­heiten gab es in Gross­bri­tannien bereits in den 1970er Jahren. Die Wurzeln der Schweizer Mobility reichen bis in die 1980er Jahre zurück. Heute treiben zwei V‑Faktoren, Vernetzung und Vertrauen, die Sharing Economy an. Unsere dauernde Anbindung an das Internet mittels smarten Mobil­te­le­fonen macht Teilen bedeutend einfacher. Emotionale oder private Dinge wie die Zahnbürste, die Hermès-Tasche oder der Ehering werden zwar eher ungern einer gemein­samen Nutzung zugeführt. Die Wasch­ma­schine ist ein Grenzfall. Bei anderen Dingen hingegen macht Teilen viel Sinn. In den letzten zehn Jahren ist eine riesige Anzahl von Tausch­platt­formen entstanden.

Von den Kleinen und Feinen …

Theore­tisch kann man heute den ganzen Alltag mit anderen teilen. Das eigene Fahrrad etwa auf publibike.ch, die Tasche auf armoireaurevoir.ch, das Fondue Caquelon auf sharely.ch. Spezi­elles Know-how findet man auf tauscheria.ch, auf rentarentner.ch und auf taskrabbit.com. Bei Upwork werden Dienst­leis­tungen jeder Art angeboten, bezogen, getauscht. Ob Baby- und Hunde­sitter, Reise­be­gleiter, Koch, ob Mathe-Nachhilfe, Klavier­un­ter­richt, Sprach­t­andem, die Möglich­keiten sind nahezu unbegrenzt. Teilen von Lifestyle? Facebook lässt grüssen. Man hat bisweilen den Eindruck, die Leute könnten gar nicht genug vom (Mit-)Teilen kriegen. Auf Youtube wird weltweit jede Minute Video­ma­terial von über 25 Stunden hochgeladen.

… zu den Milliarden-Plattformen

Oft sind solche Tausch­netz­werke lokal begrenzte Phänomene. Dagegen entstanden Techno­logie-Giganten wie Ebay, Netflix oder AirBnB. Ein wichtiger Grund hierfür ist der zweite V‑Faktor: Vertrauen. Es wird gemeinhin als die Währung des Inter­net­handels bezeichnet. Je mehr positive Rückmel­dungen jemand auf seinem Profil erhält, desto vertrau­ens­wür­diger ist er. Grösse spielt eine entschei­dende Rolle. 1995 als digitaler Flohmarkt gegründet, zählt Ebay heute in 38 Ländern über 80 Mio. Nutzer, erzielt gut USD 9 Mrd. Jahres­umsatz und ist an der Börse mit USD 44 Mrd. bewertet. Auch einige Einhörner hat die Sharing Economy produ­ziert. Das sind nicht-börsen­ko­tierte Firmen mit Bewer­tungen jenseits von USD 1 Mrd., wie zum Beispiel AirBnB mit 17 Mio. Kunden, Unter­künften in 26‘000 Städten und einem Wert von ca. USD 30 Mrd.

Grösse ruft Kritiker und Regulierer auf den Plan

Diese Grösse schafft Kritiker. Sie monieren, dass Milli­arden an der Vermittlung von Teilen und Tauschen verdient würden, wobei in vormals nicht ökono­mi­sierte Lebens­be­reiche wie die Nachbar­schafts­hilfe vorge­drungen werde. Dies geschehe oft unter Umgehung von Arbeits­schutz­ge­setzen und Mindestlohn, womit das unter­neh­me­rische Risiko auf die Vertrags­partner ausge­lagert werde. So würden moderne Tagelöhner geschaffen, die sich mit mager bezahlten Gelegen­heitsjobs mühsam über Wasser halten müssten.

Zurück zu den Wurzeln: Echte Peer-to-Peer Netzwerke

Ob diese Kritik im Einzelfall stich­haltig ist, wollen wir hier offen lassen. Klar ist hingegen: Werden schwarze Schafe nicht angegangen, läuft die Sharing Economy Gefahr, von einer Regulie­rungswut erstickt zu werden. Bereits tüfteln Uber, Lyft und andere an selbst­fah­renden Autos, womit arbeits­recht­liche Regulie­rungen vielleicht bald ins Leere laufen. Abhilfe gegen die übermäch­tigen Tech-Giganten könnte langfristig aber von ganz anderer Seite kommen: Echte Peer-to-Peer Netzwerke erlauben jedem Mitglied, Services und Güter direkt an andere zu verkaufen, wodurch die hohen Vermitt­ler­ge­bühren an Platt­form­be­treiber entfallen. Die ursprüng­liche Idee des Internet könnte so auferstehen.

 

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