Finanzplanung

Rente oder Kapital? 

Am Ende der meisten Erwerbs­bio­grafien steht eine der wichtigsten finan­zi­ellen Entschei­dungen an: Soll das angesparte Vorsor­ge­gut­haben in der Pensi­ons­kasse in Form einer lebens­langen Rente oder als einmalige Kapital­zahlung genutzt werden? Wer sich für eine Variante mit ihren jewei­ligen Vor- und Nachteilen entscheidet, bindet sich in der Regel unwiderruflich. 

Ein «One-Shot-Game» mit Folgen 

Der Übergang vom Erwerbs­leben in den Ruhestand stellt für viele Menschen in der Schweiz die grösste finan­zielle Zäsur des Lebens dar. Das regel­mässige Erwerbs­ein­kommen wird durch deutlich tiefere Renten­leis­tungen abgelöst. Aus einem Anspar­prozess wird oft ein konti­nu­ier­licher Vermögensverzehr. 

Umso bedeu­tender ist der Entscheid, wie der neben dem Eigenheim oftmals grösste Vermö­gensteil für den Rest des Lebens genutzt werden soll. Das Pensi­ons­kas­sen­ver­mögen wird über Jahrzehnte durch Beiträge und Zinsen gemeinsam mit dem Arbeit­geber angespart und erreicht gemäss einer Studie aus dem Jahr 2024 im Mittel für einen Paarhaushalt rund CHF 600’000. Immer mehr Pensi­ons­kassen gewähren ihren Versi­cherten im Zeitpunkt der Erwerbs­aufgabe heute eine grösst­mög­liche Flexi­bi­lität, indem sie ihnen neben der Umwandlung in eine lebens­lange Alters­rente auch die Möglichkeit eines einma­ligen Bezugs des gesamten Guthabens in Kapitalform oder eine Mischform anbieten. 

Erschwert wird der Entscheid durch die Tatsache, dass er unter Unsicherheit gefällt werden muss und kein Patent­rezept für die indivi­duelle Lebens­si­tuation existiert. Angesichts unzäh­liger Variablen wie der eigenen Lebens­er­wartung, künftiger Inflation und Steuer­ent­wicklung oder sich verän­dernder Lebens­hal­tungs­kosten sind viele Vorsor­ge­nehmer überfordert. 

Das Kapital – Freiheit mit Verantwortung 

Eine zentrale Grösse für den Entscheid über den Leistungs­bezug stellt der Umwand­lungssatz der Pensi­ons­kasse dar. Dieser Prozentsatz liegt heute im Durch­schnitt bei knapp 5.3 %, was pro CHF 100’000 eine lebens­lange Rente über CHF 5’300 pro Jahr ergibt. Noch vor 10 Jahren lag dieser Satz etwa 1 % oder CHF 1’000 pro Jahr höher. So verwundert es nicht, dass bei tenden­ziell sinkenden Renten­ver­sprechen seit einigen Jahren eine Zunahme der Kapital­bezüge zu beobachten ist. Das Bundesamt für Statistik vermeldete in seiner Neuren­ten­sta­tistik für das Jahr 2023, dass sich zum ersten Mal mehr Personen für einen Kapital­bezug anstelle eines reinen Renten­be­zuges entschieden haben. 

Wer das Kapital bezieht, übernimmt aber auch selbst die Verant­wortung für dessen Verwaltung und Verbrauch. Gerade in einer Lebens­phase, in der Vermögen tenden­ziell verzehrt wird, wirken Anlage­ver­luste deutlich schwerer und können durch künftige Gewinne meist nicht wieder wettge­macht werden. Die Fähigkeit, Schwan­kungs­ri­siken zu tragen ist also erheblich reduziert. Steuerlich profi­tieren Kapital­be­züger: Der einma­ligen und privi­le­gierten Besteuerung des Kapital­bezugs folgen lediglich noch Steuern auf Erträgen sowie auf dem Restver­mögen, während Kapital­ge­winne für Privat­per­sonen sowie der Verbrauch des Kapitals steuerfrei bleiben. Letztlich bedeutet der Kapital­bezug auch Freiheit, Inves­ti­tionen und Konsum, die Nachlass­ge­staltung oder auch eine Reduktion der Hypothek flexibel gestalten zu können. 

Die Rente – Planbarkeit bis ans Lebensende 

Doch darf bei dieser Betrachtung nicht ausser Acht gelassen werden, dass Pensi­ons­kassen aufgrund der steigenden Lebens­er­wartung ihre Renten­ver­sprechen heute deutlich länger erfüllen müssen als früher und die gesamten Leistungen über ein Rentner­leben hinweg trotz niedri­gerer Umwand­lungs­sätze vielfach sogar steigen. Nicht wenige Pensi­ons­kassen leisten obendrein Kompen­sa­tionen in Form von Einschüssen oder Besitz­stands­ga­rantien. Überdies sind nur beim Renten­bezug auch weiter­füh­rende Leistungen im Todesfall an Hinter­bliebene vorgesehen. 

Die Rente bietet zudem Planbarkeit und schützt vor dem Langle­big­keits­risiko – ein Vorteil für Menschen mit hoher Lebens­er­wartung oder jüngeren renten­be­rech­tigten Hinter­blie­benen. Nachteilig wirkt, dass Renten voll als Einkommen steuerbar sind und ohne Infla­ti­ons­aus­gleich laufend real an Wert verlieren. Über 20 Jahre kann dies je nach Inflation zu einem Kaufkraft­verlust von 20 — 40 % führen. 

Frühzeitige Planung  

Unabhängig von der Wahl sollte der Entscheid frühzeitig vorbe­reitet werden. Fachleute empfehlen, spätestens ab 50 eine Bestands­auf­nahme vorzu­nehmen, steuer­liche Spiel­räume zu prüfen sowie Vorsor­ge­ver­mögen und Anlage­wissen aufzu­bauen. Eine neutrale Finanz­planung hilft, emotionale und rechne­rische Faktoren auszu­ba­lan­cieren und die Optionen im Kontext der eigenen Lebens­si­tuation zu bewerten. 

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