Bruno S. Frey, Ständiger Gastprofessor der Universität Basel
Gastbeitrag

Wovon hängt das Glück ab?

Professor Bruno S. Frey, ständiger Gastpro­fessor an der Univer­sität Basel und Research Director von CREMA, referierte am Mittwoch, 21. Juni 2023 zum Thema Glück in unseren Räumlich­keiten. Dabei standen keine philo­so­phi­schen Abhand­lungen im Vorder­grund, sondern handfeste wissen­schaft­liche Studien.

Professor Frey, Sie sprechen von Lebens­zu­frie­denheit anstelle von Glück. Welches ist der Unterschied?

Als Ökonom unter­suche ich den Zustand zwischen kurzfris­tigen Hochge­fühlen, der als Glück bezeichnet wird und der umfas­senden philo­so­phi­schen Betrach­tungs­weise. Wir bezeichnen diesen Zustand als Lebens­zu­frie­denheit. Dies ist eine subjektive Einschätzung, wie sich jeder einzelne Mensch fühlt. Wir definieren also nicht, was Glück ist, sondern wir schauen, ob die Menschen glücklich, bezie­hungs­weise zufrieden sind.

Wie muss man sich eine solche Befragung vorstellen?

Wir wollen jeweils wissen: Wie glücklich sind Sie nach eigener Einschätzung? Alles in allem genommen? Es geht also nicht um eine kurzfristige Betrachtung, sondern wir animieren die Menschen dazu, viele Aspekte ihres Lebens zu überdenken und dieses Grund­gefühl in ihre Antwort einfliessen zu lassen. Die meisten Menschen in der Schweiz und auch in anderen entwi­ckelten Ländern sind auf einer Skala von 1 bis 10 bei 7, 8 oder sogar 9. Das ist doch eine wunderbare Sache.

Wo stehen wir in Sachen Lebens­zu­frie­denheit in der Schweiz?

In einer Studie aus dem Jahr 2020 belegt die Schweiz den Platz 3. Auf den vordersten Plätzen liegen skandi­na­vische Länder. Was mich am Anfang meiner Forschung erstaunte, ist, dass Italien nicht unter diesen 20 Ländern zu finden ist. Es zeigt sich, dass das Leben in Italien nicht einfach ist und unsere Wahrnehmung des Dolce Vitas von den Bewoh­ne­rinnen und Bewohnern Italiens nicht so empfunden wird.

Welche Faktoren sind für die Lebens­zu­frie­denheit verantwortlich?

Ein Teil ist ganz einfach genetisch, dann die sozio­de­mo­gra­phi­schen Einflüsse, die wirtschaft­lichen und die politi­schen Faktoren. Ein ganz wesent­licher Faktor ist das Einkommen. Man kann wirklich sagen, dass die Lebens­zu­frie­denheit mit dem verfüg­baren Einkommen korre­liert. Es gibt einfach eine gewisse Unabhän­gigkeit und Personen mit einem guten Einkommen müssen nicht so oft über Geld nachdenken, wie zum Beispiel ein Bettler. Aller­dings steigt die Lebens­zu­frie­denheit nicht automa­tisch mit jeder Lohner­höhung weiter. Der Effekt lässt ab einer gewissen Höhe des Einkommens nach.

Geld gehört also zum Glück­lichsein, was auch noch?

Freunde! Was nützt Ihnen ein hohes Einkommen, wenn Sie keine Freunde haben? Ein gutes Sozial­leben ist ein ganz wichtiger Faktor fürs Glück. Und dafür muss man sich auch etwas Zeit nehmen. Auch eine gute Bildung trägt zur Lebens­zu­frie­denheit bei.

Sind ältere Menschen glücklicher?

Dazu gibt es einige Unter­su­chungen. Generell gesehen, kann man sagen, dass jüngere Menschen glück­licher sind. Vielleicht weil die Eltern noch alles bezahlen und die Verant­wortung noch nicht so schwer wiegt? Mit dem Älter­werden kommen halt immer weitere Anfor­de­rungen an sich selbst dazu. Mit zuneh­mendem Alter, etwa ab 50, werden die Leute wieder glücklicher.

Eine besonders inter­es­sante Unter­su­chung stellt die Frage: Trägt Heirat zum Glück bei?

Die gute Nachricht ist, ja. Gemessen an der Lebens­zu­frie­denheit von fünf oder zehn Jahre vor der Hochzeit steigt die Lebens­zu­frie­denheit mit der Hochzeit deutlich. Die schlechte Nachricht ist: Nach fünf Jahren Heirat sinkt die Zufrie­den­heitsrate drastisch.

Tragen Kinder zum Glück bei?

Kinder machen nicht glücklich, leider. Mit einem Zusatz: Solange sie im gleichen Haushalt leben. Enkel­kinder machen aber sehr glücklich. Kinder sind sozusagen eine langfristige Inves­tition oder anders gesagt, man sollte etwas Geduld haben.


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