In eigener Sache

In Menschen investieren

Interview mit: Elena Philipp, Bereich Philan­thropie Sozialwerk Pfarrer Sieber

Sie gehören sozusagen zum Urgestein der Stiftung Sozialwerk Pfarrer Sieber. Wie kamen Sie zu Ihrer Tätigkeit?

Ich bin als kaufmän­nische Angestellte ausge­bildet und habe auch einige Jahre in diesem Bereich gearbeitet. Irgendwann entstand der Wunsch, mit meiner Arbeit etwas aus meiner Sicht Sinnvol­leres bewirken zu können: Ich wollte in Menschen inves­tieren. Deshalb bildete ich mich innerhalb von vier Jahren in Richtung Psycho­logie, Beratung und Seelsorge weiter. Nach so viel Theorie wollte ich mein erwor­benes Wissen praktisch anwenden. Aller­dings bekam ich auf meine Bewer­bungen hin nur Absagen – mit einer Ausnahme: Pfarrer Sieber. So kam ich zum Sozialwerk Pfarrer Sieber.

Ihr Weg in der Stiftung hat vor 28 Jahren begonnen. Was hat sich in dieser Zeit verändert?

Die Gesichter der Not haben sich verändert; unsere Angebote wurden und werden dementspre­chend laufend angepasst. Neuere Programme wie unser Gassen­tierarzt, die Notschlaf­stelle Pfuusbus oder das Peer-Projekt Uufwind, das Betroffene zu Bezugs­per­sonen anderer Betrof­fener macht, haben Einzug gehalten. Früher hatten wir natürlich auch keine techni­schen Hilfs­mittel wie Internet, Handys etc. Was unsere Zielgruppe anbelangt, stelle ich fest, dass viele heute psychisch kranker als noch in den 1990er-Jahren sind. Dafür ist die Drogen­pro­ble­matik nicht mehr so sichtbar, wenn auch keineswegs weniger virulent. Wir arbeiten – auch weil die Auflagen gestiegen sind – immer profes­sio­neller, ohne dabei unsere Wurzeln zu vergessen. Fach- und Herzens­kom­petenz sind uns gleicher­massen wichtig.

Wofür steht das Sozialwerk Pfarrer Sieber?

Taten statt Worte, das ist aus meiner Sicht das Prägnan­teste. Ich mag ein berühmtes Zitat, auch wenn ich es inhaltlich etwas verändere: «Predige ohne Unterlass, und nur wenn nötig, gebrauche Worte.» Das Sozialwerk Pfarrer Sieber steht für Verläss­lichkeit, das Pflegen von Bezie­hungen und rasches, unbüro­kra­ti­sches Handeln. Und zu guter Letzt: Wir geben den Hilfe­su­chenden gerne immer wieder Chancen. Aus unserer Sicht gibt es keine hoffnungs­losen Fälle.

Was hat sich für die Stiftung geändert, als Pfarrer Sieber im 2018 verstorben ist?

Wir müssen uns stets fragen, wie wir in Pfarrer Siebers Sinne weiter­ar­beiten können. Denn die Ausrichtung an seinen Werten ist und bleibt zentral. Es ist mir wichtig, sein Lebenswerk zu erhalten und für die Zukunft weiterzuentwickeln.

Was bewirken Menschen mit einer Spende an die Stiftung?

Wir helfen, wo sonst niemand mehr hilft. Wir versuchen, nicht einfach für Menschen da zu sein, sondern mit den Betrof­fenen gemeinsam einen Weg zu gehen. Es geht um Bezie­hungen, die die Basis für die Entwicklung jeglicher indivi­du­eller Perspek­tiven raus aus der Not sind. Mit Spenden können wir rasch und unbüro­kra­tisch helfen und für jeden Hilfe­su­chenden das für ihn sinnvollste in die Wege leiten.

Was wünschen Sie sich für das Jahr 2023?

Dass wir als Gesell­schaft die Not und Armut in unserem direkten Umfeld, vor unserer Haustüre, nicht aus den Augen verlieren. Und dass wir als Sozialwerk Pfarrer Sieber weiterhin eine Stimme für Menschen am Rande der Gesell­schaft sein dürfen.


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