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Konflikt um die Ukraine

Von: Eric Steinhauser

Die erneute Statio­nierung von russi­schen Truppen­ver­bänden an den Grenzen zur Ukraine, Cyber­an­griffe auf ukrai­nische Staats­organe zusammen mit einer eskalie­renden Kommu­ni­kation haben die Befürch­tungen eines militä­ri­schen Konfliktes in Teilen oder in der ganzen Ukraine in den vergan­genen Tagen und Wochen drama­tisch anwachsen lassen. Die Finanz­märkte haben mit zum Teil deutlichen Korrek­turen auf die Eskalation reagiert.

Spielball zwischen Ost und West

Der Konflikt um den Puffer­staat Ukraine ist nicht neu. Bereits seit 1991 ringt Russland und der Westen um Einfluss in der Ukraine. Eine auf Druck von Moskau 2014 erfolgte Ablehnung eines EU-Assozi­ie­rungs­ab­kommens führte zu einer Revolution an deren Ende eine pro-europäische Regierung in Kiew, ein Bürger­krieg im Osten der Ukraine und die Annexion der Krim durch Russland stehen. Neben dem klaren Streben von Präsident Wladimir Putin Russland wieder als starke Weltmacht mit entspre­chendem Einfluss zu positio­nieren, fürchtet Russland eine NATO-Erwei­terung direkt an seine Grenzen ohne entspre­chende Puffer­staaten. Anderer­seits fühlt sich der Westen wegen der pro-europäi­schen Haltung der Mehrheit der Bevöl­kerung der Ukraine dieser verpflichtet. Neben politi­scher Unter­stützung zeigen dies Waffen­lie­fe­rungen und Ausbil­dungs­un­ter­stützung durch westliche Spezi­al­kräfte deutlich auf.

Es gibt nichts zu gewinnen

Trotz der Massierung von militä­ri­scher Kraft beider Seiten im Osten von Europa scheint das Risiko eines gross­flä­chigen Einmarschs von Russland in die Ukraine weiterhin eher unwahr­scheinlich. Zu hoch sind die Kosten einer solchen Eskalation. Für Russland könnten harsche Sanktionen des Westens zu einer starken Einbusse des Wirtschafts­wachstums führen und damit zu inner­rus­sichen Unruhen. Russland agiert nicht aus einer Stärke, was auch am Preis­zerfall russi­scher Aktien und der Abwertung des Rubels zu erkennen ist. Zwar könnte eine stärkere Ausrichtung der wirtschaft­lichen Verflech­tungen Richtung Asien und Nahen Osten eine Alter­native sein, um die Export­ver­luste in den Westen, welche neben Öl und Gas auch andere Rohstoffe wie Basis­me­talle beinhaltet, zu kompen­sieren. Aus heutiger Perspektive scheint dies aber nicht ohne kurz- bis mittel­fristige Konzes­sionen seitens Russlands möglich zu sein. Für den Westen würde eine solche Eskalation einer­seits eine Energie­krise, zumindest in Europa, bedeuten. Zudem dürfte bei Unter­lassung einer militä­ri­schen Hilfe­stellung, welches aus Sicht der NATO sehr wahrscheinlich scheint, der momentane pro-westliche Sukkurs der osteu­ro­päi­schen Staaten aufgrund eines Vertrau­ens­ver­lustes sinken.

Mit Unsicher­heiten leben

Wirkliche Gewinner bei einem Einmarsch der russi­schen Truppen in die Ukraine  dürfte es kaum geben. Profi­tieren würden Safe-Haven Währungen wie der US-Dollar und der Schweizer Franken. Bei einer Energie­krise müsste man mit einer möglichen Verdop­pelung der Öl- und Gaspreise rechnen. Hier wären die ameri­ka­ni­schen Energie­her­steller — die USA sind inzwi­schen der dritt­grösste Ölpro­duzent — trotz abseh­barer deutlicher Korrek­turen an den Finanz­märkten, im Vorteil.

Wir gehen davon aus, dass sich alle Seiten der enormen Kosten einer solchen Eskalation bewusst sind und somit auch das Risiko einer irratio­nalen Handlung seitens einer Partei eher klein scheint. Eventuell hat Präsident Putin auch ein ganz anderes Ziel im Auge. In Nachbar­schaft von Russland und der Ukraine zeigt sich Weiss­russland immer insta­biler. Die derzeitige pro-russische Regierung könnte durch eine Revolution abgesetzt werden. Die Wahrschein­lichkeit, dass darauf eine eher pro-westliche Regierung an die Macht kommt, scheint dabei sehr hoch. Mit einer perma­nenten Präsenz von russi­schen Truppen in Weiss­russland auf eigenen Basen erhält Präsident Putin die Option, den möglichen Verlust eines nächsten Nachbar­staats besser unter­binden oder verhindern zu können. Deshalb könnten die bevor­ste­henden gemein­samen Manöver von Russland und Weiss­russland nicht (nur) als Eskalation gegenüber einem möglichen Angriff auf die Ukraine bewertet werden, sondern als Möglichkeit gesehen werden, dass russische Truppen permanent in Weiss­russland verbleiben. Wie dem auch sei, eine politische Lösung des Konfliktes im Sinne einer harmo­ni­schen Zusam­men­arbeit ist derzeit aber wenig wahrscheinlich, zumal es für Europa, und vor allem für die USA, eine Wechsel­wirkung zwischen Russland und China gibt. Eine unsichere Situation an der Ostgrenze ist histo­risch nicht ungewöhnlich und war bis zum heutigen Datum jeweils aus ökono­mi­scher Sicht nicht entscheidend.

Bei Fragen zu diesem Thema stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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