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Aktien­märkte — zuneh­mender Optimismus

Nachdem die globalen Aktien­märkte im 3. Quartal seitwärts tendierten, ist in den letzten Wochen wieder mehr Optimismus aufge­kommen und einzelne Indizes haben neue Rekord­stände erklommen. Und dies, obschon die globale Wachs­tums­schwäche und der Handels­kon­flikt auf den ersten Blick keine guten Rahmen­be­din­gungen für Aktien darstellen. Wenn man aller­dings die treibenden Kräfte etwas genauer unter die Lupe nimmt, kann man durchaus den Schluss ziehen, dass die Abwärts­ri­siken abgenommen haben. Gestützt wird diese These durch erste Anzeichen einer Stabi­li­sierung der globalen Konjunktur, die wieder expan­si­veren Noten­banken und die Markt­stimmung, die eher noch verhalten ist.

Konjunk­tu­relle Talsohle vermutlich erreicht

Konjunk­tur­in­di­ka­toren gibt es heutzutage haufen­weise. Die Verläss­lichkeit der Prognosen hat trotzdem nicht zugenommen. Wenn es um die konjunk­tu­rellen Wende­punkte geht, liefern die OECD-Indika­toren vermutlich die aussa­ge­kräf­tigsten Infor­ma­tionen. Das Gros der Index­titel ist ja global tätig. Nachteil der OECD-Indika­toren ist die Tatsache, dass die Erhebung und Auswertung viel Zeit in Anspruch nimmt und der letzte Wert von August 2019 stammt. Demge­genüber sind die globalen Einkaufs­ma­nager-Indizes (PMI) schneller verfügbar und können deshalb als aktuelle Indikation für den Wachs­tums­verlauf verwendet werden. Die Grafik zeigt, dass insbe­sondere die verar­bei­tenden Indus­trien seit 2017 (PMI Manufac­turing) viel stärker unter Druck geraten sind als die Dienst­leis­tungen. Der Verlauf der Indizes deutet auch darauf hin, dass die konjunk­tu­relle Schwäche ausge­prägter ist, als jene in den Jahren 2014/15. Hoffnungen, dass die globale Konjunktur die Talsohle bald erreicht oder schon dort angelangt ist, weckt einer­seits der PMI Manufac­turing, der sich in den letzten zwei Monaten dank besserer Resul­taten aus USD, China und Frank­reich leicht erholt hat. Anderer­seits stellen wir fest, dass sich die harten Konjunk­tur­daten besser entwi­ckeln als die auf Umfragen basierten weichen Daten. Zu diesem Thema haben wir uns in der jüngsten Ausgabe des Anlage­kom­passes geäussert.

Die Geldpo­litik beein­flusst die Aktienmärkte

Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die Aktien­märkte auch stark vom Verdikt der Noten­banken abhängig sind. Die Leitzins­er­hö­hungen und der Bilanz­abbau der US-Notenbank haben die globalen Märkte im 4. Quartal 2018 ins Schlingern gebracht. Damals ging die Angst um, dass das Fed die Konjunktur abwürgen würde. Die Antwort der Fed-Verant­wort­lichen auf die panik­ar­tigen Verkäufe Ende 2018 liess nicht lange auf sich warten. Zur Beruhigung der Märkte wurden der Zinser­hö­hungs­zyklus Anfang 2019 als beendet erklärt und seit Ende Juli 2019 senkte das Fed die Leitzinsen in drei Schritten.

Noten­banken reakti­vieren QE-Programme

Auch in Bezug auf die Beein­flussung der länger­fris­tigen Renditen hat das Fed im laufenden Jahr eine eigent­liche Kehrt­wende vollzogen. Das im Oktober 2017 gestartete Programm zum Abbau der Anlei­hen­be­stände, mit dem eine Norma­li­sierung der Geldpo­litik angestrebt worden war, wurde im Frühjahr 2019 sistiert. Aufgrund der Mitte September plötz­lichen aufge­tre­tenen, etwas myste­riösen Anspan­nungen am US-Inter­ban­ken­markt, sah sich das Fed gezwungen, mit dem Kauf von kurzfris­tigen Treasuries wieder Liqui­dität in den Markt zu pumpen. Die monat­lichen Käufe im Umfang von 60 Mrd. USD begründet die US-Notenbank mit der kurzfris­tigen Liqui­di­täts­ver­sorgung und sträubt sich dagegen, die Massnahmen als “Quanti­tative Easing”- Programm (QE) zu bezeichnen. Dass die Auswir­kungen auf die Märkte dieselben sind, wird aber kaum bestritten. Zusammen mit der Wieder­auf­nahme der Anlei­hen­kkäufe der Europäi­schen Zentralbank (EZB) im Umfang von 20 Mrd. Euro pro Monat, werden die Bilanz­summen der vier grössten Noten­banken in den nächsten 12 Monaten um rund 1’000 Mrd. USD wachsen und vermutlich über den alten Höchst­stand von knapp 16 Bio. USD steigen. Den somit gewis­ser­massen “neuauf­ge­legten Notenbank-Put” werden die Märkte willkommen heissen, auch wenn er vermutlich nicht mehr die gleiche Wirkung entfalten wird wie in früheren Jahren.

Sinkende Risiko­aversion

In einem früheren Beitrag hatten wir darauf hinge­wiesen, dass die Börsen in einer frühen Phase eines konjunk­tu­rellen Aufschwungs jeweils die höchsten Renditen erzielen. Wann die Talsohle tatsächlich durch­schritten wird, ist kaum abzuschätzen. Weil der US-Zinssen­kungs­zyklus jedoch früh begonnen hat, dürfte er im Verlaufe des nächsten Jahres auch auf Ebene der Konjunktur wirksam werden. Nebst den zykli­schen und monetären Aspekten stimmt uns auch die immer noch verhal­tende Risiko­freu­digkeit der Inves­toren positiv. So notiert zum Beispiel der Investor-Confi­dence-Index von State Street mehr als eine Standard­ab­wei­chung unter dem 20-jährigen Mittelwert. Ähnliche Index­werte waren in der Vergan­genheit jeweils einiger­massen verläss­liche Vorboten von Markt­er­ho­lungen. So lag die prospektive Perfor­mance nach sehr tiefen Index­ständen während eines Jahres weit über dem Durch­schnitt. Umgekehrt führte eine sehr hohe Risiko­freu­digkeit häufig zu einer schlechten Performance.

Geopo­li­tische Unsicher­heiten bleiben

Natürlich halten sich die Börsen nicht an Regeln. Die grösste Unsicherheit geht immer noch vom Handels­kon­flikt aus. Sowohl die US-Adminis­tration als auch die chine­sische Delegation haben sich in den letzten Wochen zuver­sichtlich über ein “Phase I‑Abkommen” geäussert. Zu vermuten ist, dass Donald Trump einige angedrohte Straf­zölle zurück­zieht und China im Gegenzug mehr US-Agrar­güter impor­tiert. Mit einem weiter­ge­henden oder gar umfas­senden Abkommen, das die Börsen wohlwollend quittieren würden, darf aller­dings nicht gerechnet werden. Umgekehrt dürfte Donald Trump den Konflikt auch nicht eskalieren lassen, denn eine US-Rezession würde seine Wahlchancen verschlechtern. Mit anderen Worten: Trump könnte in der Handels­po­litik durchaus gemäs­sigtere Töne anschlagen. An der Wallstreet ist bereits die Rede von einem Trump-Put. Darauf würden wir uns aber nicht verlassen.

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