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Gold — drei Faktoren treiben den Preis

Lange Zeit war es ruhig, fast schon gespens­tisch ruhig ums Gold. Doch nun hat der Goldpreis im fünften Anlauf die bisher magische Preis­ober­grenze von USD 1380 pro Feinunze nach oben durch­stossen. Was ist passiert?

Der Preis des Edelme­talls bewegte sich seit dem Kurssturz Mitte 2013 nur noch seitwärts, während die Notie­rungen der Aktien, Obliga­tionen und Immobilien munter weiter kletterten. Zu viele Anleger hatten sich die Finger am Gold, dem vermeintlich sicheren Hafen, verbrannt. Der Boom, welcher durch die ersten Geld-Locke­rungs­übungen der Zentral­banken und dem Aufkommen von sogenannten Gold-Index­funds im Nachgang zur Finanz­krise 2008–2012 ausgelöst worden war, nahm im besagten Annus Horri­bilis 2013 ein jähes Ende. Und nun glänzt das gelbe Metall wieder hell, welches sind die Gründe dafür?

Treiber Nr. 1 — Leitzins­sen­kungen in den USA

Erstens hat die ameri­ka­nische Notenbank nach zehn Jahren wieder damit begonnen, die Leitzinsen zu senken. Viele Anleger müssen sich von der Vorstellung verab­schieden, dass die Welt bald zu einer Norma­li­sierung der Geldpo­litik zurück­kehrt. «Lower for longer» scheint das Motto am Zinsmarkt zu sein. Die Realzinsen sind seit vergan­genem Juni nun auch in den USA wieder negativ, auf dem Dollar verliert der Sparer also Geld. Im Euro, Yen oder Schweizer Franken sieht die Situation noch unattrak­tiver aus.

Treiber Nr. 2 — Abkühlung der globalen Wirtschaft

Zweitens stehen die Zeichen der globalen Wirtschaft auf Abkühlung, wobei der Handels­kon­flikt zwischen den USA und China eine gewichtige Rolle spielt. Die deutsche Automo­bil­in­dustrie und ihre Liefer­kette – darunter auch viele Schweizer Unter­nehmen – können ein Lied davon singen. Der verflüch­tigte Optimismus zeigt sich auch am Ölmarkt: Das Fass der Rohöl­sorte Brent gibt es wieder für weniger als USD 60, nachdem im April noch USD 73 dafür bezahlt wurde. Während Rohstoffe und Aktien in solchen Phasen kaum zu Höhen­flügen ansetzen, glänzt das Gold. Zumal gerade ameri­ka­nische Aktien hoch bewertet sind und nur bescheidene 2 % Dividen­den­rendite abwerfen.

Treiber Nr. 3 — Währungskrieg

Drittens macht diese Tage wieder das Wort Währungs­krieg die Runde. Präsident Trump bezichtigt China direkt der Währungs­ma­ni­pu­lation, da der Yuan zum USD auf ein 11-Jahrestief gesunken ist. Die Angst vor einer Abschwä­chungs­runde auf den Leitwäh­rungen sowie generell vor politi­schen Eskala­ti­ons­ri­siken im Nahen und Fernen Osten verun­si­chert auch die Schatz­meister verschie­dener Schwel­len­länder. Um satte 47 % stieg deren Goldankauf-Volumen allein im 2.Quartal 2019. Die aktivsten Käufer in den letzten 15 Jahren waren die Zentral­banken von Russland (+1800t), China (+1400t), die Türkei (+400t) und Indien (+300t). Diese Länder wissen: Gold ist eine Währung, in welcher kein Land Schulden ausstehend hat. Infla­ti­ons­druck herrscht hier nicht.

Jährliches Goldan­gebot nimmt kaum zu

Das jährliche Goldan­gebot aus Minen nimmt kaum mehr zu, während aufgrund der sinkenden Erzgrade die Förder­kosten seit ca. drei Jahren wieder ansteigen. Es ist vorab rezykliertes Gold, welches derzeit die Angebots­lücke deckt. Bei den zehn grössten börsen­ko­tierten Goldför­derern schlägt die Produktion einer Feinunze im Schnitt mit USD 1300 zu Buche. Die Margen sind also dünn, bei Goldpreis­sprüngen wie den aktuellen ist die Hebel­wirkung auf die Unter­neh­mens­ge­winne umso grösser. Entspre­chend stark haben die Goldminen-Aktien in den letzten Wochen zugelegt (der NYSE Arca Gold Miners Index seit Mai um +44 %). Dies ist aller­dings ein schwacher Trost für die Aktionäre, welche über die letzten zehn Jahre 30 % Verlust auf ihren Positionen erlitten, während das Gold selbst um 50 % zugelegt hat.

Förderkosten Gold der zehn grössen Minengesellschaften

Gold kann eine ideale Ergänzung zu Aktien und Obliga­tionen sein

Angesichts der langfristig gesehen schwachen Profi­ta­bi­lität der Goldminen (in sieben von zehn Jahren bezahlten sie die Dividenden mit neuen Schulden) empfehlen sich deren Aktien mit Ausnahme kurzer Glücks­pe­rioden wie der jetzigen somit wenig. Wir raten Anlegern statt­dessen, sich direkt im Gold zu engagieren. Auch wenn das Edelmetall derzeit wieder heiss disku­tiert wird und die speku­la­tiven Anleger wie Hedge­fonds rekordhohe Futures-Positionen aufbauen, mahnen wir zur Gelas­senheit. Gold mag kurzfristig gar über USD 1600 pro Unze klettern, bei zu starken Ausschlägen nach oben kommt aber bald die dämpfende Wirkung der oppor­tu­nis­ti­schen Schmuck­ver­käufe ins Spiel. Gold sollte deshalb weniger als Speku­la­ti­ons­objekt gesehen werden, sondern primär als ideale Ergänzung im Portfo­lio­kontext zu Aktien und Obliga­tionen. Vor allem in der «Lower for longer»-Welt.

Kursentwicklung Physisches Gold versus Aktien von Goldminen-Gesellschaften

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