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US-Straf­zölle: Wie geht es weiter?

Das Wichtigste in Kürze

  • Am Freitag­abend wurde publik, dass der US-Zollsatz für Schweizer Güter von 39 % auf 15 % sinken soll.
  • Grundlage ist eine rechtlich unver­bind­liche Absichts­er­klärung zwischen den USA und der Schweiz.
  • Im Gegenzug senkt die Schweiz die Zölle auf sämtliche Indus­trie­pro­dukte, Fisch und Meeres­früchte und gewährt den USA zollfreie bilaterale Zollkon­tin­gente für ausge­wählte US-Export­pro­dukte (v.a. Fleisch).
  • Der tiefere Zollsatz könnte gemäss Schweizer Seite in den nächsten Wochen imple­men­tiert werden.
  • Ausserdem verpflichten sich Schweizer Unter­nehmen bis Ende 2028 USD 200 Mrd. an Direkt­in­ves­ti­tionen in den USA zu tätigen. Davon sollen mindestens USD 67 Mrd. im Jahr 2026 fliessen.
  • Unter­nehmen, die dazu beitragen sind u.a. Roche, Novartis, ABB und Stadler Rail.
  • Ein Datum zur Anpassung der Zölle ist noch nicht bekannt. Das Abkommen soll im Frühjahr 2026 finali­siert werden.
  • Bis 2028 soll die Handels­bilanz zwischen den beiden Ländern ausge­glichen sein.

Mittei­lungen:

Industrie: Auch mit tieferen Zöllen bleibt Unsicherheit hoch

Die Inves­ti­ti­ons­be­reit­schaft in Kapital­güter (z.B. Maschinen) hat seit den Zollan­kün­di­gungen von Donald Trump von Anfang April 2025 deutlich abgenommen. Projekte und der Ausbau von Kapazi­täten werden aufge­schoben, was sich in sinkenden Aufträgen bei vielen Indus­trie­firmen nieder­schlägt. Die direkten Zollef­fekte sind dank meist lokaler Produktion verkraftbar. Ausnahme stellen die hohen Stahl- und Alumi­ni­um­zölle von 50 % dar. Ebenfalls belastend wirken der starke Schweizer Franken (Trans­la­ti­ons­effekt) und die schlechte Stimmung im wichtigen Markt Deutschland. Für eine echte Entspannung im Sektor braucht es eine höhere Inves­ti­ti­ons­be­reit­schaft, die sich angesichts der vielfäl­tigen Belas­tungs­fak­toren noch nicht abzeichnet.

Techno­logie: Leichte Entlastung auf der Marge erwartet

Die tatsäch­lichen Zollaus­wir­kungen sind schwierig abzuschätzen und dürften in Wahrheit geringer ausfallen als ursprünglich befürchtet. Bei vielen US-Kunden im Techno­lo­gie­sektor ist ein Teil der Wertschöpfung bereits ausserhalb der USA angesiedelt, so dass das unmit­telbare US-Exposure geringer ausfällt als in den Zahlen rappor­tiert. Dennoch sind die tieferen Zölle willkommen, zumal Unter­nehmen wie Inficon und Comet bereits von negativen Zollaus­wir­kungen auf ihre Margen berichtet haben. Sie optimieren deshalb ihre Wertschöp­fungs­ketten, um künftige Risiken zu reduzieren. Die VAT Group hat eine hohe Preis­set­zungs­macht und ist nur wenig direkt von der Zollthe­matik betroffen.

Gesundheit: Leichte Entspannung für Medtech, Pharma und CDMO dank breitem Produk­ti­ons­netzwerk gröss­ten­teils geschützt

Medika­mente wurden bis anhin von Zöllen verschont. Falls Zölle auf Pharma­zeutika kommen sollten, sieht die unver­bind­liche Absichts­er­klärung vor, dass für in der Schweiz produ­zierte Wirkstoffe ein Maximalzoll von 15 % gelten soll. Wir gehen davon aus, dass Roche und Novartis dank des geogra­fisch breit diver­si­fi­zierten Produk­ti­ons­fuss­ab­drucks aber ohnehin kaum von Zöllen tangiert sind bzw. diese managen können. Auftrags­fer­tiger (CDMOs) wie Lonza wiederum sind ebenfalls global breit aufge­stellt, bisher von den Zöllen ausge­nommen und produ­zieren «ab Werk», d.h. die Zölle gehen zulasten des Kunden. Für einzelne Medtech-Firmen, welche in der Schweiz für die USA produ­zieren, stellen die Zölle aus Sicht der Wettbe­werbs­fä­higkeit eine Belastung dar. Eine Reduktion auf 15 % würde ihnen deshalb klar helfen. Weiterhin in der Schwebe ist bei Medtech jedoch eine Sektion 232-Unter­su­chung, die bisher nicht abgeschlossen ist und zu einem eigenen Zolltarif führen könnte.

Konsum­güter: Luxus­kon­zerne werden entlastet

Luxus­gü­ter­kon­zerne wie Richemont oder Swatch expor­tieren viel in die USA, während primär in Europa und der Schweiz produ­ziert wird. Bei den Luxus­gü­ter­kon­zernen hätten die hohen Zölle kurz- bis mittel­fristig zu starken Preis­er­hö­hungen geführt, was sich negativ auf die Nachfrage in den USA ausge­wirkt hätte. Die nun reduzierten Import­zölle werden sich entspre­chend in moderaten Produkt­preis­an­pas­sungen wider­spiegeln. Bei nicht­zy­kli­schen Konsum­gü­ter­aktien wie Nestlé, Barry Callebaut oder Lindt & Sprüngli wird ein grosser Anteil der Produkte lokal herge­stellt, weshalb die tieferen Import­zölle weniger Einfluss haben werden.

Fazit

Schweizer Firmen mit Exporten in die USA und der Produktion in der Schweiz, dürften von der neuen Ausgangslage profi­tieren bzw. weniger belastet werden. Auch all jene Firmen, die planten Teile der Produktion in den zollgüns­ti­geren Euroraum zu verschieben, dürfte diese Pläne wieder auf Eis legen, was Kosten einspart (Planung, Organi­sation, Logistik etc). Ganz allgemein könnte die Aussicht auf den tieferen Zollsatz die Stimmung bei Schweizer KMUs verbessern. Inwiefern sich das im Aktien­markt, gemessen am SPI Extra Index, nieder­schlagen wird, muss sich noch zeigen. Je nach Branche gibt es nämlich noch andere Faktoren, die derzeit kursbe­stimmend sind. Ausserdem bleibt das latente Risiko, dass Donald Trump seine Meinung zum wieder­holten Mal ändert.

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