Michelle Syfrig, Nachlassspezialistin
Finanzplanung

Fünf Strategien zur Vermeidung von Erbstreitigkeiten

Erbstrei­tig­keiten sind keine Seltenheit — viele haben sie im familiären Umfeld miterlebt oder waren selbst betroffen. Oft scheint eine Familie harmo­nisch zu funktio­nieren, bis ein Todesfall eintritt und sich das Bezie­hungs­ge­flecht unter dem Aspekt von Trauer, Erwar­tungen oder Spannungen aus der Vergan­genheit verändert. Plötzlich wird um Besitz gerungen, man fühlt sich benach­teiligt oder alte Konflikte brechen auf. Die emotionale Belastung wird durch die recht­liche Komple­xität verschärft. Ein entschei­dender Punkt kommt hinzu: Solange eine Erben­ge­mein­schaft besteht, müssen die Erbinnen und Erben gemeinsam entscheiden. Dieses Einstim­mig­keits­prinzip soll schützen, birgt aber auch Konflikt­po­tenzial, wenn die Inter­essen ausein­an­der­gehen oder aufgrund fehlender Kommu­ni­kation Missver­ständ­nisse entstehen.

Wir begleiten unsere Kundinnen und Kunden seit Jahrzehnten bei der Nachlass­planung und als Willens­voll­stre­ckerin. In der Praxis haben sich fünf Strategien bewährt, mit denen sich Konflikt­po­ten­ziale nicht gänzlich vermeiden, jedoch erheblich entschärfen lassen:

Trans­pa­rente Kommu­ni­kation und zuhören

Der offene Austausch mit den künftigen Erbinnen und Erben ist ein zentrales Element. Dabei geht es nicht nur darum, die eigenen Wünsche mitzu­teilen, sondern einen Dialog zu führen. Oft gehen Erblas­se­rinnen oder Erblasser davon aus, dass ihr Wille klar ist, doch häufig zeigt sich, dass die Erben Dinge anders verstehen oder (berech­tigte) Fragen aufwerfen. Lebzeitige Gespräche schaffen Klarheit und sorgen dafür, dass sich alle Betei­ligten gehört und ernst genommen fühlen. Wichtig ist auch die Offen­legung wesent­licher Vermö­gens­be­stand­teile. Nur wenn die Erbinnen und Erben wissen, welche Werte vorhanden sind, können sie die Planung nachvoll­ziehen und mittragen.

Tipp 1: Haben Sie Mut für diese Gespräche und schieben Sie diese nicht auf. Oft hilft es, wenn eine neutrale Person das Gespräch begleitet.

Den letzten Willen mit juris­ti­scher Präzision festhalten

Der letzte Wille muss rechtlich klar und wirksam festge­halten werden. Dabei ist profes­sio­nelle Unter­stützung unver­zichtbar. Nicht umsonst werden in der Praxis viele Testa­mente angefochten oder führen zu Konflikten. Eine Fachspe­zia­listin oder ein Fachspe­zialist sorgt nicht nur für die Verwirk­li­chung Ihrer Wünsche und die korrekte Formu­lierung des letzten Willens, sondern kennt auch die recht­lichen Gestal­tungs­spiel­räume inklusive steuer­licher Optimierungen.

Tipp 2: Verlassen Sie sich nicht auf eigene Formu­lie­rungen oder Standard­lö­sungen. Ein massge­schnei­dertes Dokument (z.B. Testament oder Erbvertrag) ist entscheidend, um späteren Ausein­an­der­set­zungen vorzubeugen.

Lebzeitige Zuwen­dungen

Lebzeitige Zuwen­dungen in Form von Schen­kungen oder Erbvor­be­zügen sind ein beliebtes Mittel, um Vermögen frühzeitig weiter­zu­geben und den Nachlass aktiv zu gestalten. Sie bieten die Möglichkeit, mögliche Konflikte vorab zu entschärfen. Insbe­sondere dann, wenn einzelne Vermö­gens­werte emotional oder wirtschaftlich bedeutsam sind. Doch genau hier liegt auch einer der häufigsten Streit­punkte: Wer hat was bereits erhalten? Welcher Anrech­nungswert ist in der Erbteilung massgebend? Wurden Unter­stüt­zungs­bei­träge für Ausbil­dungen geleistet? Durfte jemand jahrelang verbilligt wohnen? Eine wahrge­nommene Ungleich­be­handlung kann Spannungen auslösen, ungeachtet der objek­tiven Vermö­gens­werte. Die Gleich­be­handlung der Nachkommen ist für eine fried­liche Erbteilung empfeh­lenswert. Wenn eine Gleich­be­handlung nicht möglich oder gewünscht ist, ist eine lückenlose Dokumen­tation entscheidend, um Missver­ständ­nisse zu vermeiden.

Tipp 3: Dokumen­tieren Sie alle lebzei­tigen Zuwen­dungen sorgfältig und halten Sie fest, ob diese in der Erbteilung an den Erbteil angerechnet werden müssen oder nicht. Sodann sind die lebzei­tigen Zuwen­dungen mit Ihrer Nachlass­re­gelung in Einklang zu bringen.

Teilungs­vor­schriften nutzen

Eine Teilungs­vor­schrift legt nicht die Grösse eines Erbteils fest, sondern nimmt inhaltlich Einfluss auf die Erbteilung.

Beispiele:

  • Die Art und Weise, wie der Wert eines Nachlass­ge­gen­standes (z.B. Liegen­schaften, Schmuck, Kunst, Sammlungen), der für die Erbteilung gelten soll, ermittelt wird.
  • Die Zuweisung von oder das Vorwahl­recht an Nachlassgegenständen.
  • Der Umgang mit Nachlass­ge­gen­ständen, die keiner der Erben übernehmen möchte.

Tipp 4: Nutzen Sie das Instrument der Teilungs­vor­schriften und achten Sie darauf, dass diese klar und konkret formu­liert werden.

Einsetzung eines Willensvollstreckers

Rein rechtlich kann ein Nachlass perfekt geplant sein. Familiäre Spannungen lassen sich jedoch nie ganz ausschliessen. Mit der Einsetzung eines Willens­voll­stre­ckers stellen Sie sicher, dass eine natür­liche oder juris­tische Person die Erbinnen und Erben in allen Belangen unter­stützt, den Nachlass verwaltet, die Erbteilung vorbe­reitet und insbe­sondere auch bei Strei­tig­keiten durch diplo­ma­ti­sches Geschick Spannungen abzufedern weiss.

Tipp 5: Setzen Sie unbedingt eine Person mit Fachkennt­nissen im Ehe‑, Erb- und Steuer­recht als Willens­voll­strecker ein.

Fazit

Wer frühzeitig und profes­sionell vorsorgt, schützt sein Vermögen und seine Familie. Unsere Fachspe­zia­lis­tinnen und Fachspe­zia­listen begleiten Sie auf diesem Weg diskret, kompetent und mit dem nötigen Finger­spit­zen­gefühl. Sprechen Sie uns an, wir beraten Sie gerne individuell.

Bei Fragen zu diesem Thema stehen Ihnen unsere Kunden­be­ra­te­rinnen und Kunden­be­rater gerne zur Verfügung.

Bei Anregungen zum Notablog wenden Sie sich bitte an notablog@rahnbodmer.ch.

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