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Finanz­märkte und Politik im Würge­griff des Coronavirus

Die ungebremste Ausbreitung des Corona­virus in Europa und den USA, der Erdöl­preis­schock, die späte Reaktion der US-Politik und die Angst vor einem Still­stand der Wirtschaft haben die Märkte in Panik­stimmung versetzt. Vermutlich wird ein neues Kapitel in der Wirtschafts­ge­schichte geschrieben, von dem wir nur die ersten Seiten kennen.

Ob das Auge des Hurrikans schon über den Märkten hinweg­gefegt ist, kann niemand beurteilen. Die wirtschaft­lichen Schäden werden gross sein, der Wachs­tums­ein­bruch im 2. Quartal könnte brutal ausfallen und mit einer raschen Erholung der Weltwirt­schaft ist kaum zu rechnen. Aller­dings sind einige positive Aspekte auszu­machen, die den vorwärts­schau­enden Märkten Halt geben und den Aktien­in­ves­toren Mut zu Käufen geben sollten. Dazu zählen:

Regie­rungs­mass­nahmen zur Eindämmung der Ansteckung

Die drako­ni­schen Massnahmen der Regie­rungen zur Eindämmung der Ausbreitung des Corona­virus, die in Europa in den nächsten Wochen zu einem Rückgang der Neuan­ste­ckung führen sollten. In den USA und anderen Ländern, die im Kampf gegen das Virus noch im Rückstand sind, werden rückläufige Neuin­fi­zie­rungen vermutlich zu einem späteren Zeitpunkt registriert.

Pharma­in­dustrie

Die Pharma­in­dustrie arbeitet mit Hochdruck an antivi­ralen Thera­pie­an­sätzen zur Behandlung von Erkrankten. Offenbar zeigen bereits zugelassene Medika­mente eine gewisse Wirkung, sodass Zulas­sungen für neue Indika­toren rasch über die Bühne gehen könnten.

Politik

Die Politik signa­li­siert nun starke Entschlos­senheit, die negativen Auswir­kungen abzufedern. Zunächst geht es darum, mit Hilfs­geldern die Infra­struktur der Spitäler zu stützen und die stark betrof­fenen Sektoren zu entlasten. Fiska­lische Stimu­lus­pro­gramme werden aufge­gleist, wobei diese ihre Wirkung erst später entfalten werden.

Noten­banken

Die Noten­banken versuchen mit allen erdenk­lichen Mitteln, eine Liqui­ditäts- und Kredit­krise zu verhindern. Die Banken werden mit billigen Geldern gestützt, was enorm wichtig ist, weil sich die Anlei­hen­märkte in einer Schock­starre befinden und die Unter­nehmen, denen die Cashflows wegbrechen, auf Bankkredite angewiesen sind.

Die extremen Verluste an den Aktien­märkten reflek­tieren viel Pessimismus

Die extremen Verluste an den Aktien­märkten reflek­tieren mittler­weile viel Pessi­mismus. Vermutlich wird nun eine globale Rezession mindestens zum Teil einge­preist. Eine Bestä­tigung hierfür liefern die Bewer­tungen, die in Europa deutlich unter die zehnjäh­rigen Mittel­werte gefallen sind und in den USA ebenfalls deutlich nach unten korri­giert haben.

Die Lage am Bondmarkt ist äusserst schwierig

An den Bondmärkten steigen die Renditen für deutsche und Schweizer Staats­an­leihen, weil die EZB den erwar­teten Zinssen­kungen mit dem Null-Entscheid von letzter Woche eine Abfuhr erteilt hat. Gleich­zeitig steigen die Risiko­prämien in den Periphe­rie­ländern, insbe­sondere in Italien. Diese Prämi­en­aus­weitung wird die Eurozone auf die Probe stellen. Wir denken aber nicht, dass unmit­telbar eine neue Eurokrise vor der Tür steht. Weil es kein Zinssen­kungs­po­tenzial mehr gibt und die Staats­schulden als Folge der Inter­ven­tionen steigen, verlieren Staats­an­leihen gesamthaft an Attrak­ti­vität. Vor allem der Wegfall des risiko­min­dernden Effektes in den Portfolios recht­fertigt das Halten von Staats­an­leihen im Grunde genommen nicht mehr. An den Märkten für Unter­neh­mens­an­leihen sind die Risiko­prämien in die Höhe geschossen. Unser Handel berichtet von der ausge­trock­neten Liqui­dität und den teilweise irratio­nalen Preis­stel­lungen. Im Einzelfall können sich Oppor­tu­ni­täten ergeben, die ausge­nutzt werden können. Generell rechnet unser Anleihen-Portfo­lio­ma­nager aber damit, dass Unter­nehmen — die sich jetzt am Geldmarkt finan­zieren müssen, weil das Emissi­ons­fenster geschlossen ist — sich im Herbst zurück­melden und dann immer noch hohe Prämien anbieten müssen. Auch die Vorstellung, dass sich die Risiko­prämien von BBB-Schuldnern den Risiko­prämien von Aktien annähern müssten, spricht derzeit eher für Aktien- als für Kreditrisiken.

Chance für einen Einstieg in Aktien?

Wer schon ähnliche Krisen erlebt hat, weiss, dass sich in solchen Phasen auch langfristige Chancen auftun. Eine (uralte) Regel besagt, dass die Aktien­quote nach starken Einbrüchen schritt­weise auf das als langfristig anvisierte Niveau angehoben werden sollte. Im Fachjargon reden die Portfo­lio­ma­nager jetzt vom sogenannten “Rebalancing”. Auch im Unwissen, ob die Talsohle an den Aktien­märkten schon erreicht ist, wäre jetzt mindestens ein erster Schritt in diese Richtung angebracht.

Gold bleibt attraktiv

Die Korrektur des Goldpreises steht im Einklang mit der Entwicklung der USD-Realren­diten, die wegen den tieferen Infla­ti­ons­er­war­tungen gestiegen sind. Auch der Druck auf den Erdöl­preis und die vermu­teten Goldver­käufe verein­zelter Noten­banken prägen das Bild kurzfristig negativ. Nach einer Boden­bildung würden wir die Goldquote eher nochmals erhöhen.

 

P/E MSCI World

 

 

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