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Finanz­märkte — Ausblick 2020

Das erwartete konjunk­tu­relle und monetäre Umfeld spricht grund­sätzlich für eine gute Aktien­per­for­mance. Nach der überaus starken Bewer­tungs­expansion dürfte eine ausser­or­dent­liche Entwicklung wie 2019 vermutlich ausser Reich­weite liegen. Die Rendi­te­kon­stel­lation an den Anlei­hen­märkten lässt kaum positive Erträge zu. Im Portfo­lio­kontext behalten Obliga­tionen aber als Diver­si­fi­ka­ti­ons­element ihre Existenzberechtigung.

Konjunktur: Talsohle erreicht

Der Einbruch ist in Europa – und hier allen voran in Deutschland – stärker ausge­fallen als in anderen wichtigen Regionen. Die nun in einigen Sektoren bessere Auftragslage und die leicht tieferen Lager sprechen für einen steigenden Ausstoss, was sich zum Teil in optimis­ti­scheren Erwar­tungen der Unter­nehmen wider­spiegelt. Die Entspannung im Handels­kon­flikt dürfte den globalen Inves­ti­ti­onsstau mindestens teilweise auflösen. Nachfra­ge­seitig wird die globale Konjunktur aber auch durch den privaten Konsum gestützt. Für ein stabiles Wachstum der Konsum­nach­frage sprechen die einiger­massen robusten Arbeits­märkte. Insbe­sondere in den USA bleibt der Arbeits­markt angesichts der steigenden Reallöhne und des starken Stellen­zu­wachses in guter Verfassung. China versucht mit einem Bündel von Massnahmen, dem Gegenwind entgegenzutreten.

Geldpo­litik: Positiver Impuls

Eindeutig positive Impulse sind global von der lockeren Geldpo­litik der meisten Noten­banken zu erwarten. Ablesen lässt sich dies nicht nur an den gelockerten Kredit­kon­di­tionen, sondern auch an der Tatsache, dass die erwei­terten Geldmengen (M2) steigen und der geldpo­li­tische Impuls in der Realwirt­schaft ankommt. Rund die Hälfte aller Noten­banken haben die Leitzinsen gesenkt. Die plötz­lichen Anspan­nungen am US-Repo-Markt haben das Fed in den letzten Monaten zu massiven Liqui­di­täts­spritzen bewogen. Zudem kauft die US-Notenbank wieder Staats­pa­piere im Umfang von USD 60 Mrd. pro Monat. Obschon das Fed den Begriff “QE” vermeidet, entspricht der Effekt den früheren QE-Programmen. In der Annahme, dass die Bank of Japan ihre Käufe fortführt, werden die vier grössten Noten­banken in den nächsten 12 Monaten Liqui­dität im Umfang von mehr als einer Billion US-Dollar in die Märkte pumpen.

Geopo­litik: Angespannte Lage im Mittleren Osten

Mit der militä­ri­schen Konfron­tation zwischen den USA und dem Iran sind die geopo­li­ti­schen Risiken plötzlich wieder stark in den Fokus gerückt. Die Lage im Mittleren Osten wird angespannt bleiben, aller­dings dürften weder die USA noch der Iran das Risiko einer längeren kriege­ri­schen Ausein­an­der­setzung eingehen wollen. Bei weiteren Eskala­ti­ons­schritten würden die Märkte mit einem Anstieg der Volati­li­täten reagieren. Solange der Erdöl­preis nicht über USD 75–80 pro Fass steigt, wird das globale Wachstum aber kaum negativ beein­flusst. Im Handels­kon­flikt bleibt zunächst unklar, was der Phase‑1 Deal tatsächlich beinhaltet. Die Drohung der USA, europäische Autoim­porte mit Zöllen zu belegen, ist noch nicht vom Tisch. Im Brexit-Drama könnte es gegen Ende der Übergangs­frist (Ende 2020) wieder zu Unsicher­heiten kommen, wenn bis dann kein Handels­vertrag abgeschlossen werden kann.

Anleihen: Nur moderat steigende Renditen

An den Obliga­tio­nen­märkten hat der Rendi­te­rückgang zu sehr hohen Bewer­tungs­ni­veaus geführt. Verant­wortlich dafür sind nicht nur das moderate Wachstum, die tiefe Inflation und die hohe Unsicherheit, sondern auch die Asset­käufe der Noten­banken. Das wird auch in den kommenden sechs bis zwölf Monaten so bleiben. Der fixe Glaube daran, dass eine Infla­ti­onsrate von (neu: durch­schnittlich) 2 % nötig sei, um bestmög­liches Wachstum zu gewähr­leisten, veran­lasst die Noten­banken, sich weit in die Zukunft festzu­legen und am expan­siven Kurs festzu­halten. Auch im Umfeld steigender Wachstums- und Infla­ti­ons­raten erwarten wir daher nur moderat steigende Renditen. Wegen des Verhal­tens­musters der Noten­banken wird der stark risiko­min­dernde Beitrag der sicheren Anleihen im Portfolio erhalten bleiben. Bei einem moderaten Rendi­te­an­stieg kann es unseres Erachtens aber bereits dazu führen, dass die 2019 dominie­rende “Jagd nach Rendite” an Einfluss verliert und sich Inves­toren beim Obliga­tio­nenkauf wieder auf das konzen­trieren, was sie in der Anlage­ka­te­gorie schwer­punkt­mässig suchen, nämlich Sicherheit. Aufgrund negativer Renditen ist das Obliga­tio­nen­segment unter­ge­wichtet und in eher kürzeren Laufzeiten und höheren Kredit­ri­siken inves­tiert. Eine derartige Positio­nierung entspricht der erwar­teten wirtschaft­lichen Entwicklung.

Währungen: Safe-Haven-Währungen bleiben gefragt

Die Volati­li­täten an den Devisen­märkten sind in den letzten Monaten spürbar gesunken. Bessere konjunk­tu­relle Rahmen­be­din­gungen müssten zu einer Stärkung zykli­scher Währungen und einer nachlas­senden Nachfrage nach Safe-Haven-Währungen, das heisst. nach dem Franken und dem USD, führen. Trotzdem sollten mit Blick auf die erhöhten geopo­li­ti­schen Risiken keine zu grossen Währungs­ri­siken einge­gangen werden.

Aktien­märkte: Rückenwind durch tiefe Zinsen und steigende Gewinne

Im Umfeld einer Konjunk­tur­sta­bi­li­sierung und einer expan­siven Geldpo­litik haben Aktien in der Vergan­genheit eine überdurch­schnitt­liche Perfor­mance erzielt. Eine Gewissheit, dass sich die Märkte schon in diesem Zeitfenster befinden und sich auch im aktuellen Zyklus an das histo­rische Muster halten, gibt es aller­dings nicht. Auch wenn die starken letzt­jäh­rigen Kursa­vancen 2020 ausser Reich­weite liegen dürften, attes­tieren wir den Aktien über die nächsten Monate ein gutes Potenzial.
Die starke Bewer­tungs­expansion der letzten zwölf Monate hinter­lässt den Eindruck, dass die Märkte schon recht viel Optimismus vorweg­nehmen. Die Erwar­tungen für die Unter­neh­mens­ge­winne für 2019 und für 2020 wurden in den letzten zwölf Monaten laufend nach unten revidiert. Nachdem die Unter­neh­mens­ge­winne auf globaler Ebene 2019 leicht gesunken sind, liegen die Konsens­schät­zungen für 2020 in der Region von +10 %. Im Umfeld eines moderaten Wachstums und des in vielen Sektoren harten Wettbe­werbs könnten diese recht ambitiösen Erwar­tungen im Jahres­verlauf Enttäu­schungen auslösen. Das Risiko einer starken Börsen­kor­rektur stufen wir aber als relativ gering ein. Vor allem das weiterhin beträcht­liche Rendi­te­polster von Aktien gegenüber Anleihen dürfte die Börsen stützen.

Renditen Staatsanleihen und Dividendenrenditen

Die Dividen­den­ren­diten lagen in den 1990er-Jahren im Durch­schnitt 2.5 Prozent­punkte unter den Renditen sicherer Anleihen; seit drei Jahren rentieren Aktien rund 2 Prozent­punkte höher als die vermeintlich sicheren Staats­an­leihen. Im Zuge einer weiteren Verbes­serung der Konjunk­tur­daten würden wir die Aktien­quote weiter aufbauen oder die prozy­klische Ausrichtung der Portfolios durch Verschie­bungen innerhalb der Aktien erhöhen.

Gold: Festhalten an Übergewichtung

Der Goldpreis ist in den letzten Tagen über den Höchst­stand von Anfang September von 2019 (USD 1550 je Feinunze) gestiegen. Auslöser der jüngsten Avance ist die militä­rische Ausein­an­der­setzung zwischen den USA und dem Iran. Auf der Angebots­seite dürfte die Goldpro­duktion nur moderat zunehmen und die Explo­ra­ti­ons­kosten weisen einen steigenden Trend auf. Die physische Nachfrage (Schmuck­in­dustrie und Barrengold) entwi­ckelt sich stabil, während die Netto­käufe aus ETFs und jene der Noten­banken stützend wirken. Mittel- und langfristig wird Gold weiterhin Schutz bieten vor infla­tio­nären Tendenzen oder unerwar­teten politi­schen Entwick­lungen. Obwohl der Anstieg kurzfristig recht stark ausge­fallen ist, halten wir an der relativ starken Gold-Überge­wichtung fest.

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