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Shiller‑P/E – das Mass aller Dinge?

Das zyklisch berei­nigte Shiller-Price­/Earning (P/E) hat eine bessere Aussa­ge­kraft als das klassische P/E. Das aktuelle Shiller‑P/E warnt vor Kursrück­schlägen und stellt über die nächsten Jahre tiefere Aktien­er­träge in Aussicht.

Das P/E oder Kurs-/Gewinn­ver­hältnis ist vermutlich die von Analysten am häufigsten erwähnte Kennzahl, wenn es um die Einschätzung des Kurspo­ten­zials einer Aktie geht. Der faire Wert einer Aktie hängt aber nicht von einem Jahres­gewinn ab, sondern im Wesent­lichen vom mittel­fris­tigen Gewinn­wachstum und den Kapitalkosten.

Shiller‑P/E und Aktienrenditen

Weil sich die zykli­schen Gewinn­schwan­kungen negativ auf die Aussa­ge­kraft des P/E auswirken, entwi­ckelten die Harvard- und Yale-Profes­soren Campbell und Shiller vor 20 Jahren ein zyklisch berei­nigtes P/E (CAPE). Dieses setzt das jeweils aktuelle Index­niveau ins Verhältnis zu den durch­schnitt­lichen und infla­ti­ons­be­rei­nigten Gewinnen der voraus­ge­gan­genen zehn Jahre. Die Glättung der Gewinne über zehn Jahre soll sicher­stellen, dass die Gewinne nicht mehr von Konjunk­tur­zyklen beein­flusst werden.

 

 

Die Grafik zeigt, dass sich das Shiller‑P/E von 1900 bis 1995 haupt­sächlich in einer Bandbreite zwischen 10 und 25 bewegte. In den letzten 20 Jahren lag die Bandbreite hingegen deutlich höher, wobei vor allem der Spitzenwert vor dem Platzen der Techno­logie-Blase (2001/01) und der Anstieg in den letzten zwei Jahren ins Auge sticht. Die zentrale Frage ist, ob das Shiller‑P/E im Vergleich zum klassi­schen P/E zuver­läs­sigere Schätz­werte für eine langfristige Perfor­mance ermög­licht. Zu diesem Zweck haben wir für den Zeitraum 1958–2008 den jeweilige Shiller‑P/E’s die realen Aktien­ren­diten für zehn Folge­jahre gegenübergestellt.

Statisch ist der Zusam­menhang zwischen den zyklisch berei­nigten P/E’s und den Aktien­re­turns tatsächlich viel besser als bei der Verwendung klassi­scher P/E’s. Die Streuung ist aber auch hier recht gross, weshalb sich das Shiller‑P/E nicht eignet, um z.B. die Aktien­ge­wichtung in einem Portfolio zu steuern. Professor Shiller, der vor dem Platzen der Dotcom-Blase Ende der Neunzi­ger­jahre und der US-Immobi­li­en­krise vor gut zehn Jahren gewarnt hatte, sieht sich zwar nicht in der Rolle als Crash­prophet, betont aber immer wieder, dass hohe zyklus­be­rei­nigte P/E’s Übertrei­bungen anzeigen können.

Die Kritiker weisen darauf hin, dass das CAPE-Modell metho­dische Schwächen aufweise. Sie argumen­tieren u.a., dass sich die US-Bilan­zie­rungs­regeln und die Index­struktur geändert haben oder dass das Gewinn­wachstum aufgrund der Aktien­rück­käufe nachhaltig höher sei und der Markt dies mit einem höherem CAPE antizi­pieren würde. Ähnliche Argumente wurden vor dem Platzen der Dotcom-Blase disku­tiert. Eine Schwäche des Konzepts ist unseres Erachtens vor allem die Tatsache, dass das Zinsniveau nicht berück­sichtigt wird, bzw. dass das derzeit hohe Shiller‑P/E mindestens teilweise mit dem tiefen Realzins­niveau erklärt werden kann.

Trotz der immer wieder debat­tierten Vorbe­halte kann festge­halten werden, dass das Shiller‑P/E eine bessere Aussa­ge­kraft hat als das tradi­tio­nelle P/E. Kaum bestritten wird der Umstand, dass sich die Inves­toren beim derzei­tigen hohen Stand des Shiller‑P/E von rund 30x in den nächsten Jahren mit deutlich tieferen Aktien­ren­diten abfinden müssen.

Daten­quellen: U.S. Stock Markets 1871-Present and CAPE-Ratio, Yale University/Schiller Online-Daten; Bloomberg; eigene Berechnungen.

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